Unsere Buchempfehlungen 2022

Wir haben für Sie ein paar Bücher zusammengestellt, die wir Ihnen von Herzen empfehlen können. Wir hoffen, es ist auch etwas mit dabei, das Ihnen Freude bereitet.

christiane hoffmann, «alles, was wir nicht erinnern»

Zu Fuss auf dem Fluchtweg meines Vaters
Verlag C.H. Beck

Christiane Hoffmanns Vater floh Anfang 1945 aus Schlesien. 75 Jahre später geht die Tochter denselben Weg, 550 Kilometer nach Westen. Sie kämpft sich durch Hagelstürme und sumpfige Wälder. Sie sitzt in Kirchen, Küchen und guten Stuben. Sie führt Gespräche - mit anderen Menschen und mit sich selbst. Sie sucht nach der Geschichte und ihren Narben. Ein sehr persönliches, literarisches Buch über Flucht und Heimat, über die Schrecken des Krieges und über das, was wir verdrängen, um zu überleben.

>> Hier geht es zur Leseprobe

>> Hörprobe, gelesen von Martina Gedeck

>> Gespräch mit Christiane Hoffmann, Deutschlandfunk

Lewis Grassic Gibbon, «Lied vom Abendrot»

Aus dem Schottischen Englisch von Esther Kinsky
Verlag Guggolz

Lewis Grassic Gibbon, der bürgerlich James Leslie Mitchell hiess (1901–1935), hat sich ganz besonders mit der Hauptfigur Chris so tief in die Herzen seiner Leser eingeschrieben, dass sie »Lied vom Abendrot« bis heute immer wieder zum grössten schottischen Roman aller Zeiten wählen. Erzählt wird die Geschichte von Chris Guthrie, die unter ihrem strengen Vater leidet. Sie darf das College besuchen, bis die Mutter stirbt und Chris auf den Hof zurückkehren muss. Nach dem plötzlichen Tod auch des Vaters führt Chris jedoch nicht ihr Studium weiter fort, sondern verschreibt sich ganz dem kleinen elterlichen Anwesen am Fusse der rauen Mearns. Ihr Leben bleibt geprägt vom Konflikt zwischen der »englischen Chris« der Bildung und der »Kinraddier Chris« mit ihrer Liebe zur regionalen Sprache und Landschaft. Das belastet auch die junge Ehe mit dem Landarbeiter Ewan, bis der Ausbruch des Ersten Weltkriegs das Leben der ganzen Gemeinschaft unwiderruflich verändert.

Was »Lied vom Abendrot« neben dieser mitreissenden Geschichte zu einem Ereignis macht, sind die Sprachkraft und vor allem Sprachmelodie Gibbons. Wie ein nie versiegendes, vom Lauf der Jahreszeiten in Gang gehaltenes Lied bringt der Ton der Erzählung Menschen, Natur und Landschaft zum Klingen. Die Welt – mit ihren alltäglichen Mühen und ihrer Sprödigkeit – besitzt eine Schönheit, die nur Lewis Grassic Gibbon einzufangen in der Lage ist. Und Esther Kinsky, die eine deutsche Sprache gefunden hat, die »Lied vom Abendrot« in seinem vielgestaltigen, tiefen Reichtum und seiner Zuneigung zu den Menschen uns deutschen Lesern zugänglich macht.

 >> Hier finden Sie die Leseprobe

Harald Welzer, «Nachruf auf mich selbst»

Verlag S. Fischer

Bestseller-Autor Harald Welzer stellt fest, dass unsere Kultur kein Konzept vom Aufhören hat. Deshalb baut sie Autobahnen und Flughäfen für Zukünfte, in denen es keine Autos und Flughäfen mehr geben wird. Und sie versucht, unsere Zukunftsprobleme durch Optimierung zu lösen, obwohl ein optimiertes Falsches immer noch falsch ist. Damit verbaut sie viele Möglichkeiten, das Leben durch Weglassen und Aufhören besser zu machen. Diese Kultur hat den Tod genauso zur Privatangelegenheit gemacht, wie sie die Begrenztheit der Erde verbissen ignoriert.
Harald Welzer zeigt in einer faszinierenden Montage aus wissenschaftlichen Befunden, psychologischen Einsichten und persönlichen Geschichten, wie man aus den Absurditäten dieser gesellschaftlichen Entwicklung herausfindet. Man muss rechtzeitig einen Nachruf auf sich selbst schreiben, damit man weiss, wie man gelebt haben will.

>> Gespräch bei Taz-Talk, Harald Welzer und Jan Feddersen

>> Leseprobe

Martin R. Dean, «Ein Stück Himmel»

Verlag Atlantis

Drei Jahre haben sie sich nicht mehr gesehen, ein schrecklicher Unfall bringt sie wieder zusammen: den Arzt Florian Füssli und den Künstler Samuel Butt, der nach einem Sturz gelähmt ist. Florian will seinen Freund aufrichten und gleichzeitig verstehen, was eigentlich vor drei Jahren passiert ist. Samuel ist damals mit einem Kunststipendium nach Rom gegangen, und plötzlich brach der Kontakt ab. Die beiden Männer umkreisen einander mit Fragen: Warum ist Samuel als Künstler gescheitert? Hat eine Frau dabei die Hand im Spiel gehabt? Warum hat Florian kein Glück in der Liebe gefunden? Wie viel ist ein »halbes Leben« wert? Wie geht man mit Verlusten um? Auf einer Reise nach Portugal bricht alles auf. Und der nächste Schritt kann Untergang bedeuten oder Erlösung.

>> Buchkritik von Hansruedi Kugler im Tagblatt

Celestino Piatti, «Alles, was ich male, hat augen»

Christoph Merian Verlag

Das grossformatige und prächtig ausgestattete Buch zeichnet zum 100. Geburtstag des herausragenden Schweizer Grafikers ein Porträt des Menschen und des Bildkünstlers Celestino Piatti.

Es ist das grosse Verdienst des Jubiläumsbandes «Alles, was ich male, hat Augen», dass Entwürfe mit Notizen, private Arbeiten und Fotos erstmals zu sehen sind. (Hans ten Doornkaat, NZZ am Sonntag, 28.11.2021)

>> Für einen Blick ins schöne Buch klicken Sie hier

David Graeber, David Wengrow, «Anfänge»

Verlag Klett-Cotta

Ein grosses Buch von gewaltiger intellektueller Bandbreite: neugierig, visionär und ein Plädoyer für die Macht des direkten Handelns.

David Graeber, der bedeutendste Anthropologe unserer Zeit, und David Wengrow, einer der führenden Archäologen, entfalten in ihrer grossen Menschheitsgeschichte, wie sich die Anfänge unserer Zivilisation mit der Zukunft der Menschheit neu denken und verbinden lässt. Sie revidieren unser bisheriges Menschenbild und erzählen Menschheitsgeschichte, wie sie noch nie erzählt wurde. Über Jahrtausende hinweg, lange vor der Aufklärung, wurde schon jede erdenkliche Form sozialer Organisation erfunden und nach Freiheit, Wissen und Glück gestrebt. Graeber und Wengrow zeigen, wie stark die indigene Perspektive das westliche Denken beeinflusst hat und wie wichtig ihre Rückgewinnung ist. Lebendig und überzeugend ermuntern sie uns, mutiger und entschiedener für eine andere Zukunft der Menschheit einzutreten und sie durch unser Handeln zu verändern.

>> Buchkritik bei SWR2

Leïla Slimani, «der Duft der Blumen bei Nacht»

Verlag Luchterhand

Sie begeistert weltweit. Sie ist mutig. Sie scheut keine Tabus: Die französisch-marokkanische Schriftstellerin Leila Slimani ist ein »Star der französischen Gegenwartsliteratur« (ttt). Mitreissend und mit entwaffnender Offenheit erzählt sie in diesem sehr persönlichen Buch von einer ungewöhnlichen Nacht, die sie allein im Museum Museo Punta della Dogana in Venedig verbringt, dem einstigen Zollgebäude der Serenissima. Einem Ort, an dem sich seit jeher Orient und Okzident begegnen und der zum Sinnbild ihrer eigenen Geschichte wird. Leïla Slimani nimmt uns mit auf eine Reise durch ihr Leben. Fesselnd erzählt sie von ihrer Familie und ihrer Kindheit in Rabat, vom Alltag in Paris als Mutter und Schriftstellerin, vom Leben zwischen den Kulturen, ihrer Aufgabe als Schriftstellerin und gesellschaftspolitisch engagierter Frau – und letztlich von der Kraft der Literatur.

>> Leseprobe

>> Bericht vom WDR

>> Leïla Slimani in der Sendung "Sternstunde Philosophie"

Remo Rapino, «Das wundersame leben des Liborio Bonfiglio»

Aus dem Italienischen von Walter Kögler
Verlag Kein & Aber 

Was bringt uns dazu, niemals aufzugeben? Liborio Bonfiglio, ein liebenswerter Außenseiter, träumt von einer besseren Zukunft. Früh auf sich allein gestellt, verlässt er sein Zuhause und sucht das Glück anderswo. Dem Charme, mit dem Liborio in einer ganz persönlichen Sprache von Liebe und Freundschaft, Solidarität und Einsamkeit, seinen Träumen und zerbrochenen Hoffnungen erzählt, kann sich niemand entziehen.

>> Hörprobe, gelesen von Thomas Sarbacher